Am Sonntag war die "historische" Landtagswahl 2008 in Bayern. So einen Ausgang haben wohl die wenigsten erwartet und so war es auch wenig verwunderlich, dass sich die Politiker mit Ihren Stellungnahmen noch am Wahlabend nicht mit Ruhm bekleckert haben, sondern nervös und panisch wirkten.
Was bei allen von einer grundsätzlichen massiven Störung der Weltsicht zeugt, hat Ludwig Spaenle von der CSU in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung in wirklich beeindruckender Klarheit ausgesagt:
"Ich habe auf Frau Bause gezählt" - nämlich darauf, dass die Grüne der SPD-Mitbewerberin Zacharias die Stimmen streitig machen würde.
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"Wenn ich nicht über alle lokalen Details so gut Bescheid wüsste, hätte ich es womöglich nicht geschafft"
Für ihn und für andere Politiker auch, scheint eine Wahl offensichtlich sowas wie ein sportliches Ereignis zu sein. Vielleicht wie ein Radrennen oder ein Springturnier. Da läuft man vorher einen Parcours ab und orientiert sich und dann trainiert man, damit man "besser" ist als die anderen. Erreicht man dann 23%, dann "will einen das Volk".
Um das mal klar zu stellen:
- ein Politiker soll eine Überzeugung haben
- diese Überzeugung soll eine gewisse grundsätzliche Stabilität und Stringenz aufweisen
- diese Überzeugung tut er dem Volke kund und bekennt sich dazu, diese auch zu vertreten, wenn er denn vom Volke als dessen Verteter durch Wahl beauftragt wird
- Politiker, die in ihrer Überzeugung in hohem Masse übereinstimmen schließen sich zu Interessensgemeinschaften zusammen, diese nennt man Parteien
- ist ein Politiker gewählt, so hat er entsprechend des Auftrags des Volkes zu handeln und nicht nach seinem Gutdünken und er hat sich zu hinterfragen, ob er noch im Interesse des Volkes handelt, das ihn gewählt hat
- ganz sicher ist der Sinn nicht, dem Volk nach dem Mund zu reden um die Stimmen zu kassieren und danach zu tun und zu lassen was man will
Vor diesem Hintergrund muß man sich Aussagen wie
Ich habe 23% erreicht, das Volk will mich
nochmals vor Augen führen und dann erkennt man die Absurdität dahinter. Ja, es waren 23% für ihn, aber 77% aller Wähler waren der Meinung, dass andere Kandidaten besser geeignet sind. Man könnte jetzt spekulieren, ob er immer noch der Gewinner wäre, wenn es statt der drei andern "großen" Kandidaten/-innen nur eine(n) gegen ihn gegeben hätte. Aber das sind Fragen, die er sich stellen sollte und auch was die Leute wohl dazu bewogen haben könnte, den anderen Kandiaten/-innen in Summe weitaus mehr Stimmen zu geben als ihm.
Dies gilt auch für generelle Aussagen ala "wir haben 40%, wir haben einen klaren Auftrag erhalten". Klar, ist daran gar nichts. Die Mehrheit der Wähler wollen es eben nicht.
Absolut unverständlich ist mir auch die SPD. Sie haben Prozentpunkte verloren, sie werden ziemlich wahrscheinlich nicht an der Regierung in Bayern auf der Seite der Regierenden mitarbeiten und sie feiern dennoch. Ich frage mich nur was? Vielleicht feieren sie die Schadenfreude, denn etwas anderes haben sie nicht zu feiern.
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