BKA-Präsident Jörg Ziercke sagt der "Welt am Sonntag" im Interview "BKA warnt vor Attentaten durch radikale Einzeltäter":
Der Flugverkehr bleibt das herausragende Ziel des Terrorismus, weil Anschläge auf Flugzeuge in besonderem Maße geeignet sind, die Bevölkerung zu beunruhigen.
Ist das so? Ich denke die ganze Panik wird klar von den Behörden dahingehend geleitet. Die Gründe sind relativ klar:
Man will eine begrenzte, kontrollierbare Terror-Angst, im Rahmen derer man den Anschein erwecken kann, dass immer mehr Kontrolle in allen Bereich des Lebens helfen kann, die Terror-Gefahr abzuwehren.
Flugzeuge sind keine Verkehrmittel des täglichen Lebens für die meisten Menschen. Zudem ist die Anzahl der Zugangspunkte (Flughäfen) überschaubar und halbwegs kontrollierbar.
Der Anschlag in den USA gegen das World Trade Center wurde mit Flugzeugen ausgeführt. Der kollektive psychische Zusammenbruch aller Amerikaner, resultierend aus der Tatsache, dass das erstemal der Schrecken in ihr Land getragen wurde und die damit verbundenen Reaktionen halfen, das Flugzeug als Ziel und Machtmittel Nummer 1 des Terrorismus zu etablieren. Der Anschlag auf Züge in Madrid (2004) oder der Anschlag auf die U-Bahn in London (2005) gerieten dagegen schnell wieder in Vergessenheit.
Aber warum sollten Terroristen wirklich Flugzeuge als Ziel Nummer 1 auswählen?
- Das momentan grösste Passagierflugzeug der Welt, der Airbus A 380-800, hat eine Zulassung für 853 Passagiere.
- Die modernsten in München eingesetzen U-Bahnzüge bieten Platz für 918 Passagiere (252 Sitzplätze und 666 Stehplätze).
Horrorszenarien
Der "Vorteil" von Flugzeugen ist, dass sie einen Großteil der Sprengkraft selbst in Form von Kerosin mit sich führen. Wenn es erst einmal wummst, dann aber richtig. Der "Nachteil" ist, dass bei einem Flugzeug in der Luft so gut wie keinerlei grössere Sekundärschäden, etwa durch die Druckwelle der Explosion, auftreten.
Eine oder mehrere gut platzierte Bomben mittlerer Größe in der U-Bahn dürften erheblich mehr Schaden anrichten:
Ich könnte mir vorstellen, dass gegen 17 Uhr im Münchener U-Bahnhof Marienplatz sich neben den ca. 1000 Passagieren im U-Bahnzug etwa die gleiche Anzahl auf dem Bahnsteig befinden. Dies dann mit zwei multipliziert für zwei Züge und zwei Bahnsteige macht schon an die 4000 Passagiere. Dazu kommen jede Menge Menschen auf den Rolltreppen, die von der Explosionswelle in den engen Röhren sicher ebenfalls erfasst würden. Der worst case wäre wohl erreicht, wenn es durch die Explosion zu einer strukturellen Instabilität kommen würde, so dass auch das darüberliegende S-Bahn Geschoß betroffen wäre.
Der Zugang ist für jedermann ohne jegliche Kontrollen möglich, entweder durch direkten Zugang oder durch "Anreise mit der U-Bahn/S-Bahn".
Ein zerstörter U-Bahnhof Marienplatz wäre auf Monate, wenn nicht auf Jahre hinaus unbenutzbar, was eine der Hauptlinien für diese Zeit lahmlegen würde und wahrscheinlich ebenso die in der Innenstadt einzige S-Bahn-Trasse, die ebenfalls durch den Marienplatz führt.
Ich weiß nicht, woher BKA-Präsident Jörg Ziercke seine Horrorszenarien zieht, aber ich weiß, dass mich mein oben skizziertes Horrorszenario bei weitem mehr beunruhigen würde ... und der U-Bahnhof Marienplatz in München ist sicher von der Ausgestaltung her weltweit kein Einzelfall.
Comments
Du willst doch niemand auf dumme Ideen bringen. Abgesehen davon, dass ich eh
viel lieber Radl fahre.
Andy.
Auch wenn die Grosse Halle der U2/U1 sicherlich keine so schnuckelige Druckwirkung hat, wie am Marienplatz.