Raketenzeitalter

It's a maexotic world ...


Raketen gibt es nun schon eine ganze Weile, genauso wie das Internet. Manche Rechtswissenschaftler scheinen aber noch in der Steinzeit zu hausen.

Gestern habe ich zufällig einen Bericht über Verleumdung im Internet gesehen. Es gibt in den USA eine Website, bei der kann man anonym seine Nachbarschaft bewerten. Wie immer, wenn die Leute glauben anonym zu sein, wird das missbraucht, um seinem Ärger Luft zu machen und da nehmen die Leute es mit der Wahrheit nicht immer so genau. So weit so schlecht.

Für eine bessere Navigation greift nun der Site-Betreiber auf die Google Maps API zurück, so dass man sich grafisch orientieren kann.

Bei der Bewertung der rechtlichen Konsequenzen haben der/die Reporter einen Rechtswissenschaftler aufgetan, der dann erklärt hat was alle wissen, nämlich dass man nicht Lügen darf. Dann hat sich der Herr aber IMHO etwas weit aus dem Fenster gelehnt und gemeint, Google müsste den Zugriff auf seine API durch eben diese Website unterbinden.

Ganz toll ausgedacht der Herr Rechtswissenschaftler.

  • die Website wird in den USA gehostet
  • der Website-Betreiber sitzt in den USA
  • das Internet ist ein globales Netz, also kann man aus Deutschland darauf zugreifen
  • Google speichert diese Verleumdungen nicht noch betreibt es die Website
  • Google stellt eine API zur Verfügung, die - um es mal platt auszudrücken - Landkarten liefert
Wahrscheinlich will der Herr Rechtswissenschaftler auf sowas wie "Mitstörer-Haftung" raus, aber die sehe ich hier überhaupt nicht.

Das ist wieder einmal ein typischer Fall von "ich check Globalisierung nicht", "ich check nicht wie das Internet funktioniert", "da ist was, was nicht so sein sollte, und was ich nicht verstehe und ich kann nix dagegen tun, also haue ich auf alles drauf was so im Umfeld steht".

Nach dieser tollen Argumentation müssten Geschäfte alle Menschen aussperren, die andere Leute schriftlich verleumden, denn schliesslich kaufen sie in den Geschäften ja Schreibmaterial. Leuten, die das per Internet machen müsste der Strom abgestellt werden, weil ohne den Strom der Stromanbieter könnte er das ja nicht machen.

Nur weil ich in Deutschland auf etwas zugreifen kann, was in Deutschland vielleicht illegal sein könnte, heisst noch lange nicht, dass die ganze Welt sich dran halten muß. Sonst sähe es nämlich schlecht aus für ganz viele Versandkaufhäuser. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es viele streng gläubige muslimische Staaten gibt, die es gar nicht mögen, dass Frauen in Unterwäsche oder im Bikini auf Websites abgebildet sind. Diese Kaufhäuser begehen vielleicht sogar eine Straftat nach den Gesetzen dieser Länder. Na und?

Schließlich kann ja auch ein deutsches Gericht einen Deutschen nicht dafür verurteilen, weil er in Holland im Coffee-Shop gekifft hat.

Vielleicht lässt sich ja auch was finden, dass man in Zukunft Fernsehsender dazu bringen kann, dass sie sowas nicht mehr ausstrahlen dürfen. Mit dem Rechtswissenschaftler und dem Fernsehsender in Deutschland könnte man das sogar ganz unglobal juristisch sauber regeln. Gibt es sowas wie "Volksverdummung" oder "grobe Unfähigkeit"? Und war das nicht vielleicht sogar eine unerlaubte Rechtsberatung?

Ich frage mich wie lange es noch dauert, bis die ganzen Politiker und sonstigen im Steinzeitalter Lebenden endlich mal kapieren, wie es läuft und dass ihre ganzen Kontrollversuche nichts bringen.




Comments

    • Posted bySec
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    Du sagst: "Schließlich kann ja auch ein deutsches Gericht einen Deutschen nicht dafür verurteilen, weil er in Holland im Coffee-Shop gekifft hat."

    Wohl kann es das. Sobald er wieder in Deutschland ist.

    Offensichtliches Beispiel: ersetze Kiffen durch was schlimmeres.
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    • Posted byMaex
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    Hoi Sec,

    ich gebe zu, die Formulierung war etwas arg pauschal, trifft es aber dennoch im Kern. Maßgebend ist das Strafgesetzbuch (StGB) und hier die Paragraphen 6 und 7.

    § 6 Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter
    § 7 Geltung für Auslandstaten in anderen Fällen

    § 7 sagt explizit, dass die deutsche Strafverfolgung nicht anwendbar ist für Taten, die im Ausland nicht mit einer Strafe behaftet sind (unter Berücksichtigung der Ausnahmen in § 6).

    weitere Beispiele:
    - Auslandsaufenthalt in den USA mit 16 Jahren. Führerschein gemacht, Auto gefahren -> keine Verfolgung in Deutschland
    - analog: Schußwaffenbesitz in den USA (Du darfst mit der Knarre dann nur nicht nach Deutschland, denn dann gilt wieder deutsches Recht)
    - erlaubt ein Land einen Ritualmord, kannst Du den in diesem Land begehen und wirst in Deutschland nicht deswegen verfolgt
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